Ariadnes Faden im Labyrinth der Stellensuche. Wie die Musen mir Orientierung boten.
von
Dr. Jasmin Hettinger
| 12.11.2025
Die Neue im Alten Rathaus (Wunschberuf)
Ich sitze in meinem Büro im „Alten Rathaus“ und lasse ich mir die vergangenen Wochen durch den Kopf gehen: ein Delegationsbesuch in unserer französischen Partnerstadt Évian (ja, die Stadt des gleichnamigen Mineralwassers!), ein Termin im Deutschen Hip Hop Archiv, ein Treffen der Kulturamtsleiter Baden-Württembergs, eine Sitzung des Arbeitskreises Museum unter meinem Vorsitz… Ja, es war viel - vor allem aber viel-SEITIG! Doch wie genau wurde ich zur Kulturreferentin der Stadt Neckargemünd?
Der Ruf der Musen (Studienentscheidung & Berufswunsch)
Nach dem Abitur tourte ich für ein Jahr durch Kanada, wo ich neben Fremdsprachen und mehr Selbständigkeit auch lernte, die Spuren unserer antiken Vergangenheit zu vermissen. Zurück in Deutschland schrieb ich mich in Konstanz für die Studiengänge „Kulturwissenschaft der Antike“ und Geschichte ein, absolvierte ein Praktikum an einem Römermuseum und war seitdem entschlossen, Kuratorin im Museum (von „Mouseion“, Haus der Musen) zu werden. Der klassische Weg dorthin: Volontariat und Promotion. Dies leitete fortan all meine beruflichen Entscheidungen. Es folgten Praktika im In- und Ausland, ein ERASMUS-Jahr in Spanien und ein Master-Studium der „Antiken Kulturen“ in Dresden.
Die Musen und das Wasser (Promotion & Volontariat)
Die Zeit nach Studienabschluss vertrieb ich mir mit einem Praktikum an der Sächsischen Landesstelle für Museumswesen. In jenem Sommer stiegen die Pegel der Elbe stark an und unsere Telefone standen nicht still: Land unter in Museumsdepots, Ausstellungsräumen und Archiven. Das machte mich neugierig: Was haben eigentlich die Römer bei Hochwasser getan? Schnell stellte ich fest, dass es dazu kaum althistorische Arbeiten gab. Als mich mein Professor dann auf ein Graduiertenkolleg in Essen aufmerksam machte, war mein Dissertationsthema schnell gefunden: „Hochwasservorsorge im Römischen Reich“.
Nach Ablauf der Doktorandenstelle und einem Forschungsaufenthalt in München stand laut Plan als Nächstes ein Museumsvolontariat an. Bei meinem Geschichtsstudium und meiner Spezialisierung auf historischen Wasserbau bot es sich an, mich an den technikhistorischen Museen umzusehen. Prompt stieß ich auf eine Volontariatsstelle am Deutschen Schifffahrtsmuseum. Das Stellenprofil schien ausgesprochen gut zu meinen Plänen zu passen: Schwerpunkt kulturelle Partizipation und Citizen Science. Das klang mir ganz nach zukunftsorientierter Museumsarbeit. So kam es, dass ich mich für die folgenden zwei Jahre mit Schifffahrtsgeschichte, historischen Sturmfluten und partizipativer Museumsarbeit beschäftigte. An sich eine vielversprechende Ausbildung – wenn an deren Ende nicht der Ausbruch der Corona-Pandemie gestanden hätte.
Willkommen zurück in der Forschung! (Postdoc-Phase)
Frühjahr 2020: Pandemie, Ausgangssperren, Einstellungsstopps in der Kulturbranche. Bei mir privat: vergebliche Bemühungen um eine Stelle in eben jener Kulturbranche und eine unpublizierte Doktorarbeit. Wenigstens erlaubte mir die Zwangspause, rasch die Drucklegung meiner Dissertation abzuschließen. Nach mehreren Monaten in der Arbeitslosigkeit entwarf ich auf Anraten meines Doktorvaters ein Postdoc-Projekt zu meinem Lieblingsthema: Wasser bei den Römern. Also warb ich ein Stipendium und ein Fellowhip ein – und landete danach erneut in der Arbeitslosigkeit. Allerdings nicht für lang, denn noch während des Fellowships hatte ich mit einer Ausschreibung im Wissenschaftsmanagement geliebäugelt, telefonisch Kontakt aufgenommen... und bekam die Stelle. Für ganze 9 Monate. Eine Elternzeitvertretung.
Postdoc-Karriereplanung... als Beruf? (Lehrreiche Wartezeit)
Zum ersten Mal war ich nicht mehr in der Forschung tätig. Am Helmholtz-Zentrum in Dresden war ich Teil des Teams im Postdoc Center, einem Karriereberatungszentrum für internationale Promovierte. Wieso ich für diese Tätigkeit geeignet war? Im Studium hatte ich mich ehrenamtlich in Willkommensinitiativen für Austauschstudierende engagiert. Außerdem hatte ich als Volontärin öfter vor Studierenden über meinen Werdegang referiert und schließlich war ich selbst bereits Postdoc gewesen. Gegen Ende meines Arbeitsvertrags bei Helmholtz war mir intern eine weitere Elternzeitvertretung angeboten worden. Doch dann kam eine Zusage aus Neckargemünd.
Ein Labyrinth ist kein Irrgarten (Der Weg zum Wunschberuf)
Die Ausschreibung der Kulturreferentenstelle bei der Stadt Neckargemünd hatte ich im Jobportal KULTweet entdeckt. Profil: Leitung der Stadtbücherei und des Stadtmuseums (juhu, Museum!) sowie kommunales Kulturmanagement. Sogar einen Hochwasserpfad gab es vor Ort! Ich verlor keine Zeit, mich zu bewerben. Nach einem sehr guten Bewerbungsgespräch galt es allerdings noch eine Hürde zu meistern: ein zweites Auswahlgespräch vor dem Gemeinderat. Nun, in Sachen Bewerbungstraining saß ich im Postdoc Center genau an der Quelle und meine Kolleginnen waren auch in diesem Fall ganz hervorragende Beraterinnen!
Hier kommen nun all meine Fertigkeiten zum Tragen, von der partizipativen Kulturarbeit über die thematische Spezialisierung auf historische Hochwasser bis hin zu meinen Erfahrungen in beratender Funktion und in der Personalentwicklung.
Um ein Fazit zu ziehen: Mein Weg war kein geradliniger. Doch so wie ein Labyrinth über verschlungene Pfade immer ins Zentrum führt, hatte ich in Form meines Berufswunsches immer den Leitfaden der Ariadne in Händen. Und apropos Faden – mein Netzwerk im Forschungs- und Kulturbereich hat mich im Zweifel stets aufgefangen!