Zwischen Handschrift und Grammatik – mein Weg zum Juniorprofessor

Niklas Reinken Porträt by Maximilian Hofmeister

von Jun.-Prof. Dr. Niklas Reinken 🔗 | 15.09.2025

Geisteswissenschaft Promotion Germanistik Postdoc Juniorprofessur Universität Biologie Lehramt

Der Ausgangspunkt

Ich habe in Oldenburg Germanistik und Biologie auf Lehramt studiert. Aber schon im Studium habe ich gemerkt, wie sehr es mich reizt, bei einigen Themen in die Tiefe zu gehen. Mich hat zum Beispiel die Frage interessiert, was handschriftliche Formen über das System der Sprache verraten. Deshalb begann ich 2018 eine Promotion zu genau diesem Thema.

Erste Schritte: kleine Jobs, große Lernkurve

Mein Einstieg war typisch geisteswissenschaftlich – als studentische Hilfskraft habe ich an verschiedenen Stationen in der Uni gearbeitet und dabei typische Tätigkeiten in der universitären Wissenschaft kennengelernt: Lehraufgaben, Redaktion, Tagungsorganisation. Das waren keine „großen“ Stationen, aber ich habe dort Strukturen kennengelernt, Netzwerke aufgebaut und vor allem gelernt, Projekte pragmatisch zu Ende zu bringen. „Kleine“ Aufgaben (Redaktion, Organisation, Tutorien) sind definitiv keine Umwege, sondern Trainingsfelder.

Hürden unterwegs

Planbarkeit war selten: befristete Verträge, wechselnde Orte, parallele Projekte. Darauf war ich vorbereitet und habe mich auch bewusst darauf eingelassen. Aber während meine Freund:innen nach und nach den Job fürs Leben begonnen haben, musste ich mich damit abfinden, mich von Vertrag zu Vertrag zu hangeln. Insgesamt hatte ich Glück: Die Verträge wurden meist verlängert, ich musste nur zweimal meine Stelle wechseln. Von 2018 bis 2022 hatte ich zeitgleich zu meiner Promotion eine halbe Stelle als wissenschaftlicher Mitarbeiter in Oldenburg, die ich zwischenzeitlich mit einer weiteren halben Stelle in einem interdisziplinären Projekt aufstocken konnte. Das kann ich übrigens sehr empfehlen: In solchen Projekten lernt man, über den Tellerrand zu blicken und auch andere Denk- und Modellierungsansätze zuzulassen. Ich übernahm redaktionelle Aufgaben in einem ethnographischen und kulturanthropologischen Projekt.

Wendepunkt: Forschung in Anwendungen übersetzen

Zwei Fragen haben mich in meiner Forschung immer begleitet: Wie erkläre ich spezialisierte Forschung so, dass sie im Unterricht nützt? Und wie bleibe ich inhaltlich erkennbar, ohne mich zu verengen? Geholfen hat mir, an einem Kern zu bleiben (Schrift–Grammatik) und regelmäßig Rückmeldungen aus Seminaren und Schulen einzuholen. Im BMBF-Projekt LernGrammis am Leibniz-Institut für Deutsche Sprache (IDS Mannheim) habe ich von 2022 bis 2024 digitale Lernbausteine für den Grammatikunterricht mitentwickelt. Dort habe ich genau dies gelernt: Forschung so zu strukturieren, dass Lehrkräfte sie direkt einsetzen können – mit klaren Beispielen, Aufgaben und Feedbackschleifen. Diese Transfererfahrung hat meinen weiteren Weg geprägt.

Heute

Seit dem 1. Oktober 2024 bin ich Juniorprofessor Grammatik für die Schule an der Universität Leipzig. Das war erneut ein wahnsinniger Glücksfall: Nach nur zwei Jahren PostDoc-Zeit eine Juniorprofessur zu erhalten, ist nicht alltäglich. Und hätten mir nicht verschiedene Wegbegleiter:innen nahe gelegt, mich doch zu bewerben, hätte ich es wahrscheinlich auch nicht getan – ich hätte nicht gedacht, dass ich die Anforderungen erfülle. Aber letztlich entscheidet darüber die Berufungskommission und nicht ich. Geholfen hat mir sicher, dass meine Forschung einen recht klar erkennbaren thematischen Kern hat – aber ich habe auch deutlich signalisiert, dass ich mich auf andere Inhalte gerne einlasse. Ich lehre in Leipzig vor allem in Lehramtsstudiengängen und forsche zu Handschriftlichkeit sowie Grammatikvermittlung. Mich interessiert, welche Inhalte und Methoden Grammatikunterricht wirklich tragen – und wie Grammatik und Rechtschreibung zusammenwirken. Ein Teil meiner Arbeit ist klassisch akademisch, ein anderer bewusst anwendungsnah in Richtung Unterrichtspraxis – auch wenn ich mich nicht als Didaktiker sehe, sondern als didaktisch interessierter und informierter Fachwissenschaftler.

Was hat das mit meinem Studium zu tun?

Mein Lehramtsstudium hilft mir bis heute: Unterrichtsrealität, klare Erklärwege, didaktische Reduktion. Gleichzeitig bringt die Sprachwissenschaft die nötige Tiefe mit – etwa, wenn handschriftliche Varianten und Silbenstruktur zusammenhängen oder Interpunktion grammatische Einsichten eröffnet. Diese Verbindung macht mir die meiste Freude!

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